WDR - Unser Tagebuch
05.12.2023
Wir waren noch nicht ganz aus dem Rathaus raus, da klingelte Evi's Telefon: Ein Fußgänger meldete ausgesetzte Welpen im Bewässerungskanalsystem. Es stand außer Frage: da fahren wir hin, suchen die Welpen und bringen sie in Sicherheit. Als wir angekommen waren, liefen wir ein paar Meter und schon hörte man die 3 Racker verzweifelt quieken: allein zurückgelassen auf dem nass-kalten Betonboden des Kanalnetztes, welches (für diesen Tag Gottseidank) nur in den Sommermonaten für die Bewässerung der Felder genutzt wird. Wir nahmen sie sofort hoch, gaben ihnen eine große Portion Futter und ein warmes Plätzchen. Uns ist der Ort nicht unbekannt: im gesamten Kanalsystem werden regelmäßig Welpen und auch erwachsene Hunde ausgesetzt, wenn sie von den Besitzern nicht mehr erwünscht sind. Wären wir nicht gerufen worden, hätten die 3 dort keine Überlebenschancen gehabt :( Es stockt einem natürlich der Atem, mit welcher Herzlosigkeit die Hunde "entsorgt" werden -> Video "Welpenrettung". Mit den Welpen im Gepäck ging es dann Richtung neues Tierheim. Als wir ankamen, war Vaitsa bereits fleißig bei der Fütterungsrunde am Nachmittag. Nachdem Goran das Tierheim per Drohne erkundet hat und Thanasis die 3 Welpen abgeholt hat, ging es ins Tierheim. Wir zeigten einige "Baustellen", redeten über die Hunde, deren Geschichte, über Evi's Arbeit und vieles mehr. Simone und Goran waren sehr ergriffen, als Evi davon berichtete, wie sie im September die Hunde aus dem Wasser gerettet hat. Auch für uns ist das immer noch eine sehr emotionale Geschichte, weil uns sowohl das Leben der Hunde am Herzen liegt, aber besonders auch Evi's Einsatz in der Nacht nicht ungefährlich war: Wir schauten die Tage über fast minütlich auf unsere Handys und warteten auf ein Lebenszeichen von unseren Freunden. Evi hatte kürzlich eine weibliche Hündin aufgenommen, die von einem Mann abgegeben wurde. Sie bekam kurz danach 4 Welpen, die sie nun liebevoll aufzieht (natürlich kommen die Mama und auch die Welpen, sobald sie geimpft und alt genug sind, in die Vermittlung). Ob die Abgabe mit der Trächtigkeit zusammenhängt, kann man nur erahnen, aber auch das gehört zum Alltag in Griechenland dazu. Auch unser Besuch bei unserem kleinen Skinny hat Simones und Gorans Herz schwer gemacht und es flossen viele Tränen. Wir sind sehr traurig, das sein kleiner Körper nicht mehr die Kraft hatte, den Kampf um sein Leben gewinnen zu können. Wir werden Skinny nie vergessen ......🖤 Als es anfing zu dämmern, beendeten wir die Arbeit für den Tag und ließen den Abend in einem Restaurant außerhalb von Karditsa - mit Blick über das gesamte Tal - ausklingen -> Video "neues Tierheim". Natürlich fehlten auch hier keine Geschichten aus dem Tierschutzalltag und es wurden bereits Pläne für den nächsten Tag geschmiedet.
Nachdem wir unsere Akkus bei einer kurzen Kaffeepause aufgeladen haben, fuhren wir zusammen nach Vlochos - ein Dorf in der Nähe von Karditsa, welches im September besonders schlimm von der Überschwemmung getroffen wurde. Evi war bereits zu mehreren Rettungseinsätzen in dem Dorf und konnte mehrere Hunde, Katzen, Papageien und Meerschweinchen per Boot sichern. Auch hier herrscht eine traurige Atmosphäre, man kommt sich vor wie in einer Geisterstadt. Die Häuser sind leer, überall sind noch große Pfützen, sogar Teiche. Es stehen kaputte Möbel, Autos und Geräte herum. Man erkennt, wo früher mal eine Taverne oder ein Geschäft war und kann sich bildlich vorstellen, wie wohl die Dorfgemeinde hier bis September ihr Leben gestaltet hat. Am Kirchplatz treffen wir den Dorfbürgermeister - er war gerade dabei einen Tannenbaum aus Lichterketten aufzubauen: in den nächsten Tage sollte eine kleine Weihnachtsfeier für die ehemalige Bewohner statt finden. Weitere Menschen konnte man kaum vorfinden, jedoch jede Menge herrenlose Hunde und Katzen. Wahrscheinlich gehörten sie bis September den Einwohnern und sind nun selbst für sich verantwortlich. Wir verteilten rund um den Marktplatz Futterportionen. Anscheinend war die letzte Mahlzeit schon etwas länger her, da direkt Stress unter den Hunden ausgebrochen ist. Evi's "Futtermobil" war heiß beliebt und so holten sich viele noch eine Extraportion ab. Wir sorgten dafür, dass am Ende alle Zugang zum Futter bekamen, war uns in dem Moment bewusst, dass sie bis zur nächsten Mahlzeit wieder Tage warten müssen. Leider kann Evi und ihr Team die Dörfer nicht in die täglich Straßenhundetour integrieren, da die Fahrtstrecke einfach zu weit ist. Aber immer, wenn jemand in der Nähe ist, wird ein Abstecher gemacht. Die Häuser müssen alle chemisch gereinigt werden und einige sind vom Einsturz gefährdet, sodass es nicht absehbar ist, ob und wann hier wieder Leben eintreten wird -> Video "Vlochos". Kurz bevor wir das Dorf verlassen haben, haben wir ein Ehepaar entdeckt, deren Hund wir im September von einem Balkon befreit haben. Die Freude war groß, sodass wir kurz anhielten und uns austauschten. Hiermit endete die gemeinsame Zeit mit Evi und auch dem Filmteam. Abends ging es noch nach Thessaloniki zurück, da am nächsten morgen früh der Flieger nach Hause abhob.
https://tiere-in-not-griechenland.de/infos/berichte-neu/243-wdr-unser-tagebuch#sigProId331262b92f
Wir hoffen, den Hunden mit dieser Sendung ein Stück zurückgeben zu können und die Hoffnung steigen zu lassen, als Tier zu respektiert und geliebt zu werden. Und damit verbunden, dass irgendwann das Leid der Tiere nicht mehr endlos ist.
„Nur ein Hund“
Von Zeit zu Zeit sagen Leute zu mir „wach auf, es ist nur ein Hund!“
– sie verstehen nicht, warum man diese Wege zurücklegt, so viel Zeit und Gefühle investiert,
oder die Kosten auf sich nimmt, die „nur ein Hund“ mit sich bringt.
Manche meiner stolzesten Momente verdanke ich „nur einem Hund.“
Viele Stunden sind vergangen in denen meine einzige Gesellschaft „nur ein Hund“ war,
aber ich fühlte mich nicht ein einziges Mal missachtet oder allein.
Einer meiner traurigsten Momente wurden durch „nur einen Hund“ hervorgerufen und an dunklen Tagen war es „nur ein Hund“,
dessen freundliche Berührung mir Wohlbefinden und die Stärke, um den Tag zu überstehen, brachte.
Falls du auch denkst, es ist „nur ein Hund“, dann wirst du vermutlich auch Sätze kennen,
wie „nur ein Freund“, „nur ein Sonnenaufgang“ oder „nur ein Versprechen“.
Es ist „nur ein Hund“, welcher das Wesentliche aus Freundschaft, Vertrauen
und purer unverfälschter Freude in mein Leben bringt.
„Nur ein Hund“ ruft in mir das Mitleid und die Geduld hervor, die mich zu einem besseren Menschen macht.
„Nur ein Hund“ bringt mich dazu früh aufzustehen, lange Spaziergänge zu machen und sehnsüchtig in die Zukunft zu blicken.
Deswegen ist es für mich und den Menschen wie ich es bin eben nicht „nur ein Hund“,
sondern eine Verkörperung aller Hoffnungen und Träume für die Zukunft, geliebte Erinnerungen und der pure Genuss der Gegenwart.
„Nur ein Hund“ zeigt was gut an mir ist und lenkt meine Gedanken ab.
Ich hoffe die anderen Menschen können eines Tages verstehen, dass es nicht „nur ein Hund“ ist,
sondern etwas, dass mir Menschlichkeit verleiht und mich zu mehr macht als nur „ein Mensch“.
Also wenn du das nächste Mal den Satz „nur ein Hund“ hörst, dann lächle, weil sie es „nur“ nicht verstehen.
Wenn du in seine Augen blickst, lässt du all deine Ängste, Sorgen, Traurigkeit und Probleme zurück,
denn Hunde geben uns die Flügel, die wir nicht haben und niemals haben werden.
Richard Dehmel (1863-1920)